Praktiken

Meditation (Shikan)

Die Meditation der Tendaishū wird Shikan genannt oder auch Shamatha und Vipashyana. Shi bedeutet Stoppen. Gemeint ist die Beruhigung des Geistes. Im Alltag schießen uns ohne Pause zahllose Gedanken durch den Kopf und wühlen unseren Geist auf, so wie der Wind die Wasseroberfläche eines Sees aufwühlt. Erst wenn der Wind abebbt, können wir durch die glatte Wasseroberfläche zum Grund des Sees blicken. Genauso müssen wir zuerst unseren Geist beruhigen, bevor wir auf den Grund unseres Geistes blicken können. Dieses Blicken in die wahre Natur der Dinge während der Meditation bezeichnet man als Kan. Shikan beschränkt sich aber nicht nur auf die Meditation im Lotussitz auf einem Meditationskissen. In der Tendaishū werden alle Praktiken als eine Form von Shikan betrachtet.

Esoterische Rituale (Mikkyō)

Der esoterische Buddhismus, auch Vajrayana genannt, ist vor allem aus dem tibetischen Buddhismus bekannt. Doch auch in Japan gibt es Übertragungslinien dieser Strömung. In dieser Form des Buddhismus nutzt man Fingergesten (Mudra), heilige Silben (Mantra) und komplexe Visualisierungen (Mandala), um im Ritual mit einem Buddha oder einem anderen heiligen Wesen Eins zu werden und dadurch seine oder ihre erleuchteten Eigenschaften anzunehmen.
Das Wort „esoterisch“ deutet in diesem Zusammenhang übrigens keinesfalls auf eine Nähe zum Okkultismus hin, sondern meint lediglich, dass es sich um eine geheime Lehre handelt. Geheim ist die Lehre aber nicht etwa deshalb, weil sie vor anderen versteckt wird, sondern weil es notwendig ist, sie direkt von einem qualifizierten Lehrer zu empfangen, damit man sie korrekt praktizieren kann.

Buddha-Vergegenwärtigung (Nenbutsu)

Die Vergegenwärtigung des Buddhas war bereits im frühen Buddhismus eine Methode, um innere Hürden auf dem Weg zum Erwachen zu überwinden.
In ostasiatischen Ländern wurde vor allem die Vergegenwärtigung des Amida Buddha populär, sowohl bei buddhistischen Mönchen als auch in der breiteren Bevölkerung. Damit verbunden war die Hoffnung, nach dem Tod in seinem Reinen Land geboren zu werden. Zu der Frage, was das Reine Land eines Buddhas ist, steht im Vimalakirti Nirdesa Sutra geschrieben, dass eigentlich alle Länder von Grund auf rein sind und wir sie nur wegen unserer Verblendung als unrein wahrnehmen. Ist der Geist rein, ist auch das Land rein.
Durch die Vergegenwärtigung des Buddha und seines Reinen Landes, entweder durch das Ausrufen seines Namens, durch die Visualisierung seiner physischen Merkmale oder durch die Kontemplationen seiner wahren Natur, lösen wir unsere Anhaftungen und bringen den Buddha in unserem eigenen Geist hervor.

Mahayana-Gebote (Kai)

Die Mahayana-Gebote sind keine göttlichen Gesetze, sondern einfach gesagt Anweisungen zu einem tugendhaften Lebenswandel. Wer gegen sie verstößt, muss nicht mit dem strafenden Zorn einer Gottheit rechnen, allerdings schon mit den Konsequenzen seines eigenen Handelns.
Wenn man beispielsweise böswillig lügt und auffliegt, schädigt man sein Verhältnis mit den Menschen um sich herum. Wer stiehlt, wird nicht nur strafrechtlich verfolgt, sondern trägt auch zu einer Gesellschaft bei, in der man seinen Mitmenschen misstraut und in ständiger Angst lebt, dass einem selber etwas gestohlen wird.

Andere Praktiken

Die unterschiedlichen Praktiken innerhalb der Tendaishū sind zu zahlreich, um sie alle hier aufzuführen. Da wären zum Beispiel das Rezitieren der Sutras, Kalligraphie, buddhistischer Gesang, Niederwerfungen, Pilgern und vieles mehr.